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Meine aktuelle Wochenendlektüre ist harte Kost, und gibt zum Nachdenken anregende Antworten auf die Frage, die wir trotzdem nie beantworten werden können: Wie war es möglich, dass im 2. Weltkrieg das Geschehen, konnte was geschehen ist. Der Herausgeber Ulrich Herbert versucht eine Antwort, die in aller Kürze und Verknappung lautet: die Massenermorderungen des Dritten Reiches waren möglich, weil eine kleine, hochideologisierte völkische und antisemitische Elite die Macht über eine große schweigende und den zunehmenden Verbrechen an den Juden und anderen Gruppen gleichgültig und desinteressiert gegenüberstehenden Bevölkerung übernahm und sich selbst so wie auch ihre untergebenen militärischen Einheiten immer mehr einer scheinbaren Logik aus Sachzwängen und "Ökonomie" unterwarfen. Wollten sie zuerst noch die jüdische Bevölkerung in den Osten oder nach Madagaskar deportieren, so wurden daraus bald die Massenerschießungen und schließlich der industrialisierte Mord in den Konzentrationslagern. Herberr schreibt:"daß es womöglich zur Hinahme oder gar Akzeptanz der sich anbahnenden nationalsozialistischen Vernichtungspolitik eines so weitreichenden ideologischen Fanatismus [...] nicht bedurfte. Das verbreitete Desinteresse, der ausgeprägte Mangel an einem Wertekanon, in welchem der Schutz von Minderheiten als zentrale ethische Norm einer zivilisierten Gesellschaft angesehen wurde, Gleichgültigkeit, Abstumpfung und Verdrängung erwiesen sich hierbei als völlig ausreichend." Das was mich an der These besonders berührt und fragen macht, ist: Ist heute alles anders? Haben wir den "Fluch" der
Gleichgültigkeit abgelegt? Ist der Schutz von Minderheiten heute ausreichend in den österreichischen Köpfen verankert?
31.10.04 | 20:43  add comment
watch the word meinte am 31.10.04 | 21:20
meine entschuldigung, wenn das zu pessimistisch od. fatalistisch od. ... erscheint:
.. die frage 'wie ist das möglich', 'wie war das möglich' ist irreführend (& falsch).
Genauso wie das oftmalige stellen dieser frage wiederum irreführend ist und sie, die frage, immer wieder nahe liegend erscheinen lässt, obwohl sie kontrapruoduktiv ist. Kontraproduktiv zumindest, wenn man an erkenntnis interessiert ist, an erkennen, an verstehen. Und das lässt die - falsche - frage zumindest erkennen. Man will verstehen. Man will verstehen und sträubt sich. Es sträubt sich in einem. Man macht damit "das", jenes "das", dem das 'wie ist das möglich' gilt, zu etwas "unverständlichen", außergewöhnlichen, außer dem "wahrscheinlichen und "normal" erklärbaren. Und es macht die frage zu einer, die mit dem ton des nicht wahr haben wollen (und der emphase der empörung) in der gesellschaft gewechselt wird.
Aber das ist das irreführende (& falsche) daran.
Vielleicht ist "das", das "furchtbare", ganz leicht zu erklären. Schließlich braucht es nicht viel, dass es passiert (ist) und sehr viel muss passieren, dass es nicht passiert. Es ist (oder erscheint) furchtbar zu akzeptieren, dass es leicht passieren kann. Und das beantwortet die nächstliegende irreführende frage schon, ob es wieder passieren kann. Freilich kann es passieren. Jederzeit passiert viel, was es wahrscheinlich und möglich macht.
Glücklicherweise passiert auch laufend viel, was das "unglaubliche" in seiner möglichkeit wieder (wiedereinmal) zu passieren hindert.

Persönlich erscheint es mir immer wieder einmal traurig, dass der umstand, dass das fruchtbare erst so wenig weit zurückliegt, fast schon das mächtigste hindernis ist (das sind meine pessimistischen momente). Das hieße, je weiter das "schlimmste" zurückliegt, je mehr die erinnerung verblasst desto möglicher wird das nächste "unglaubliche" und die 'wie konnte das geschehen'-frage evozierende.
Ich will persönlich viel lieber daran glauben, dass "das" leicht zu verstehen ist (freilich: "relativ" leicht und mit verdammt bauchschmerzen); daran, dass das verstehen nicht nur gewollt sondern wirklich angegangen, bestimmt angegangen werden kann (und muss) und daran, dass das verstehen des "schrecklichen" als "leicht möglich eintretbaren" die bessere grundlage des widerstands ist als das stigmatisieren des "leicht eintretbaren" als 'fluch'.

mich erinnert die frage 'wie ist das möglich' immer an die - irreführende und falsche - frage "Wie ist Gesellschaft möglich", selbst wenn sie im kern meines lebens und meiner beschäftigung (soziologie) steht.
Gesellschaft ist. Sie ist einfach. Und sie ist immer älter als das "Individuum", als der mensch, der dem anderen der wolf ist. Gesellschaft ist einfach und lacht der kindischen "infrage-stellung" eins.
Auch das schreckliche ist, genauso selbstverständlich wie gesellschaft, ist teil der möglichkeit der gesellschaft.

.. meine auffassung.
& meine auffassung, dass diese auffassung eine bessere grundlage dazu ist, ein hindernis für das eintreten des nächsten ganz schrecklichen zu sein.
lg
chr. 
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